Boris Atelier, Boris Fr�hlich


RP: Arbeit vor dem Untergang

08.09.2007

 
 
 
    Fotos: (c) Günter Passage
(Erkelenz) Noch bevor die Braunkohlebagger Immerath erreichen, will der Künstler Boris Fröhlich seine Apokalypse fertigstellen. Den „Jetzt-Zustand“ mit 56 Kohle-Zeichnungen und insgesamt 500 Arbeiten seines Schaffens zeigt er im ehemaligen Kloster.

Im Anfang waren die Spiegel. Sie konfrontieren die Besucher am Eingang zum ehemaligen Kloster in Immerath mit dem wohl größten Rätsel der Menschen: mit sich selbst. Sind die neun Spiegel überwunden, ist das der Eintritt in eine neue Welt. So war es fiktiv bei Alice im Wunderland, und so ist es in der Realität bei Boris im Künstlerland. Es ist die Welt des Boris Fröhlich. Seine Sicht auf die Welt. Jetzt öffnet er sie. Anders als bei allen Ausstellungen in seinem Atelier zuvor. Weiter. Bis zur Keimzelle seines künstlerischen Schaffens.

Seit 30 Jahren ein Thema

Das habe er nun geordnet, sagt er selbst. Was noch fehle, sei die Grammatik. Ein bedeutendes Etappenziel auf dem Weg zur Apokalypse, die seit 30 Jahren sein Thema ist. Eines, dem er stets mit Respekt gegenüber stand und das an Aktualität gewann, als er vor drei Jahren von Neuss nach Immerath zog. Im Schatten der nahenden Braunkohlebagger nahm die Betrachtung des Endes, dem ein Anfang innewohnt, eine realistische Wendung.

Der Weg zur Apokalypse ist lang, auch für den Betrachter. Rund 500 Arbeiten zeigt Boris Fröhlich in seinem Atelier sowie in den Räumen des ehemaligen Klosters. Zwei Stunden dauerte der Rundgang bei der Vernissage, zu der der Würzburger Bischof Friedhelm Hofmann leider nicht wie angekündigt erschienen war, und währenddessen Fröhlich die Besucher immer wieder dazu anhielt, die Reihenfolge einzuhalten. Beginnend bei den Farbradierungen des Tulpenzyklus’, über die Lithographien „Tod und Mädchen“, alle Bilder des „Totentanz“, dem Triptychon „Altar für Eva Maria“ und den „Spiegelbildern“ bis zum Eintritt in die „neue Welt“. Auch hier bauen die „Steine des Alten Testaments“ und des Neuen Testaments, die „Lebensläufe/Gesichter Marien“ und die Bilder zum Kirchenjahr aufeinander auf. Im Obergeschoss gehen die Darstellungen des Todes – hier nicht mehr nur als symbolisches Skelett, sondern auch mitten im menschlichen Antlitz – physisch und psychisch an die Substanz. Die so genannte Nonnenkapelle fungiert als technischer Ausblick auf die Kunst der Grammatik, der sich Fröhlich in den nächsten Jahren seines Schaffens verpflichtet.

Und dann öffnet sich die Tür zur Kapelle. Die Apokalypse ist nah. In Form von 56 Kohle-Zeichnungen hängt sie dort, wo einst der Altar stand. Ehrfürchtig und andächtig standen und saßen die Betrachter vor ihr, sprachen nur noch im Flüsterton. Welch neuer Anfang der Anblick des Endes sich ihnen eröffnete, das ist ihr eigener Weg in der eigenen Welt.

(Kerstin de Haas)
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