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Totentanz
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"Totentanz" zu sehen.
| Während in den ersten Jahren nach dem zweiten Weltkrieg Tod und
Todesgeschehen tabuisiert zu sein schienen, hat es im letzten Jahrzehnt
geradezu eine Renaissance der Beschäftigung mit den Todesproblemen in
Philosophie, Literatur und Kunst gegeben.
Der Schock der Grauen des Zweiten Weltkrieges war zu groß, als daß als
direkte Reaktion Totentanzdarstellungen ähnlicher Art hätten entstehen
können. Erst mit dem Abstand einer Generation wurde jedoch der
Menschheit wieder klar, daß der Tod unser gesamtes, nunmehr sehr viel
länger dauerndes Leben begleitet, und daß er nicht nur, wie das früher
in erster Linie gesehen wurde, der unbarmherzige, unerbittliche
Gleichmacher war, der zu der festgesetzten Stunde Papst und Bischöfe,
Kaiser und Könige, Fürsten und Edelleute, aber auch Handwerker und
Bettler hinwegraffte.
Legte man in einer religiös wesentlich stärker geprägten Epoche
allergrößten Wert darauf, sich auf die ungewisse Stunde vorzubereiten,
um im Jenseits nicht der Verdammung anheimzufallen, so spielt in der
modernen Gesellschaft mehr die ständige Gegenwart des Todes, wie wir
sie bei den zahlreichen Verkehrsunfällen und den vielen kriegerischen
Auseinandersetzungen immer wieder erleben müssen, die Hauptrolle. Man
beginnt sich wieder darauf zu besinnen, daß zum Begriff Leben der Tod
unmittelbar dazugehört, ganz egal, welchen Stellenwert man ihm in
unserer Zeit einräumt. Die Universität Düsseldorf konnte vor kurzem die
größte geschlossene "Totentanz-Sammlung" der Welt mit fast 1.000
Exponaten erwerben.
Zufällig hörte ich, daß im benachbarten Neuss ein junger Künstler sich
ebenfalls auf Grund eines persönlichen Erlebnisses wieder mit dem
Totentanz beschäftigte. Ich machte ihm einen Besuch und war überrascht
von der Selbständigkeit seiner Argumentation und der Eindringlichkeit
seiner Aussage, weil er, abweichend von den üblichen
Totentanzvorstellungen, diesmal den Tod in das Leben von der Geburt bis
zum Grabe inkorporierte, dabei auch die Stadien des Spielalters,
Schwangerschaft und Entbindung, Höhen und Tiefen des individuellen
menschlichen Lebens nicht aussparte und in einem Nachspiel aus dem das
Leben und den letzten Kreislauf symbolisierenden Bann wieder den Tod
erstehen ließ.
In kongenialer künstlerischer Begabung hat Peter Scheiner, sein Freund
als Dichter, den einzelnen Stationen sehr eindrucksvolle aber auch
scharf urteilende Verse zugesellt, und dieses Gesamtkunstwerk liegt nun
dem geneigten Leser und Betrachter zur Meditation vor.
In dieser Totentanzfolge ist der Tod nicht der Triumphator, er ist
vielmehr der stille, für manche unheimliche, für andere
selbstverständliche Begleiter auf unserem Lebensweg - wie man sich mit
ihm auseinandersetzen will, muß freilich jeder selbst entscheiden.
Hans Schadewaldt, 1986 ( in "21 Jahre")
Literatur: Mensch und Tod, Graphiksammlung der Universität Düsseldorf, Düsseldorf 1989
"Es ist alles ganz eitel"
Der Neusser Künstler Boris Fröhlich setzt sich bildnerisch mit dem
Werden und Vergehen des Lebendigen auseinander. Seine Lithographien zum
Thema "Totentanz" waren Anlass für ausgiebige Gespräche mit dem
Düsseldorfer Medizinhistoriker Hans Schadewaldt, über den Boris
Fröhlich den Weg zum Düsseldorfer Anatomen Hans-Georg Hartwig fand.
Aus der gemeinsamen Arbeit der zwei Professoren der Heinrich Heine
Universität mit dem Neusser Künstler ist ein Buch entstanden:
Lithographien zum Thema "Totentanz" werden begleitet von den Gedanken
des Medizinhistorikers. Die später in der Anatomie geschaffenen
Lithographien stehen in einem bemerkenswerten Kontrast zu anatomischen
Darstellungen oder Bildern, die mit modernen bildgebenden Verfahren
gewonnen worden sind. Klassische anatomische Darstellungen repräsentieren den
physikalisch-wissenschaftlichen Aspekt der ärztlichen Ausbildung.
Die
Lithographien von Boris Fröhlich führen den Betrachter in die Welt der
Metaphysik. Sie machen bildhaft die von Jaspers definierte zweite Säule
der Medizin sichtbar: die Humanitas. |
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