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Schützenbilder
Als ich vor zwanzig Jahren über den Rhein von Düsseldorf nach Neuss
zog, wusste ich von meiner neuen Heimat noch nicht viel - vom
Schützenfest so gut wie gar nichts. Dem "höchsten Fest in Neuss" kann
sich jedoch niemand ganz entziehen, sei es nur, weil Umzüge und
Kirmestreiben an den letzten Tagen im August das städtische Leben in
seinem sonstigen Ablauf völlig verändern.
Dank guter Freunde, die alteingesessene Neusser sind, bekam ich in den
ersten Jahren die allernötigsten fachkundigen Informationen über den
Ablauf der Festtage von Sonntag bis Dienstag, aber für tiefer gehende
Erklärungen dieses Phänomens reichte nie die Zeit - schließlich wollten
meine Informanten selbst am Fest teilhaben und nicht nur den
Fremdenführer spielen...
In den folgenden Jahren verlor ich das Neusser Brauchtum fast völlig
aus den Augen, da ich in der Festzeit fast immer unterwegs war, um in
Franken oder Italien zu arbeiten.
Als ich vor etwa zwei Jahren um ein "Schützenbild" gebeten wurde,
glaubte ich zuerst, dies mit den raren Kenntnissen der Anfangsjahre
leisten zu können - welch ein Irrtum! Schnell stellte ich fest, daß ich
so gut wie nichts wusste und begann damit, zuverlässige Informanten zu
suchen - außerhalb der Festzeit.
Zu meinem Glück und zu meiner Überraschung gaben sich auf meine Fragen
hin viele Bekannte, Freunde und Geschäftspartner als aktive Schützen zu
erkennen, die mir ihr Hintergrundwissen anboten, als sie von der
Ernsthaftigkeit meines Anliegens überzeugt waren.
In den vielen Gesprächen, die ich bisher geführt habe, wurde mir dies
deutlich und ich konnte mich überzeugen, daß es beim Schützenwesen
nicht um kommerzialisierte Folklore oder um ein paar Tage
Volksbelustigung geht, sondern um eine Haltung, die Gemeinsamkeiten
erzeugt, soziale Bindungen schafft und festigt, die besonders für die
"Aktiven" dem ganzen Jahr einen bestimmten Rhythmus gibt.
Nach meinem ersten Schützenbild entstand bei mir der Wunsch, mein neu
erworbenes Wissen auf meine Art umzusetzen und das gesamte Spektrum
dieses Neusser Brauchtums darzustellen. Gleichzeitig fühle ich mich
auch verpflichtet, als Dank für die Unterstützung, meinen Teil zur
Traditionspflege - die hier auch immer Erneuerung war - beizutragen,
indem ich durch meine Bilder und die Keramiken und Medaillen die Ideen
und Motive dieser Tradition konkretisiere. Ich hoffe, ich kann dadurch
auch bei "eingewanderten" Neussern Interesse wecken und Denkanstöße
geben. |
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