Main-Echo: "Du malst die Seele"
06.12.2006
Der Künstler Boris Fröhlich zeigt im Café Hench Bilder zum Nachspüren
Aschaffenburg. "Du malst die
Seele", sagt Boris Fröhlich. Die eingehende Betrachtung seines Werks
macht erfahrbar, was er meint. Er malt nichts der oberflächlichen
Ästhetik wegen. Seine Bilder sind auf verschiedenen Ebenen des
Bewusstseins verschlüsselte Geschichten, denen es nachzuspüren gilt.
Die Tulpenbilder stehen für sein Prinzip. Der Künstler hat zwölf
Farbradierungen von einem Tulpenstrauß gefertigt. Es ist immer derselbe
in fortschreitenden Stadien von Wachsen, Blühen und Vergehen, vom
ersten Bild mit kleinen, kecken Knospen, die aufrecht, eng aneinander
geschmiegt im irdenen Topf stehen, bis zum letzten, auf dem die welken
Blütenköpfe dunkel und zerknittert, die vergilbten Stiele kraftlos
hängen. Der meisterlich und liebevoll dargestellte Lauf der Natur wäre
eigentlich schon genug, aber da ist mehr. Fröhlich hat seine "Ode an
die Vergänglichkeit" mit Psalm 90 Vers 10 untermauert: "Unser Leben
währt siebzig Jahre, und wenn es hoch kommt, sind es achtzig. Das Beste
daran ist nur Mühsal und Beschwer, rasch geht es vorbei, wir fliegen
dahin." Boris Fröhlich ist nicht nur bibelfest - er erhielt seine
humanistische Ausbildung bei den Benediktinern in Scheyern - sondern
liebt auch Zahlenspiele. So symbolisiert jedes der zwölf Tulpenbilder
einen Zyklus von sieben Lebensjahren, zusammen 84 biblische Jahre.
Blätter aus der "Frankenmappe" des 1947 in Lohr geborenen Künstlers
zeugen von seiner Verbundenheit mit der alten Heimat. In sensiblen
Bildern arbeitet er die Charakteristiken des einst kurmainzischen im
Vergleich zum bayerischen Frankenland heraus. Für die Zwischentönen hat
Fröhlich für diese Radierungen die seltene, schwierige Technik der
Reservage, eines Aussprengverfahrens, angewandt. "Technik dient dem
Ausdruck der Sache", sagt er, und wenn es der Sache dient, mischt er
seine Aquarellfarben auch mal mit rotem Wein, so für mehrere Porträts
der Ausstellung.
Das größte Werk im Café Hench, ein Triptychon, erzählt von Fröhlichs
toskanischem Zuhause, mit Blick auf La Verna, den heiligen Berg, auf
dem Franz von Assisi die Wundmale Christi empfing und sein Kloster
gründete. Die drei Tafeln zeigen die vordergründig reizvolle Landschaft
der Alver
ner Berge, doch hinter der konkreten Erscheinung öffnen sich emotionale
Dimensionen. Zwei seiner Lieblingsblumen stellt er in den Vordergrund
der Bildtafeln: links die blaue Iris und rechts den roten Mohn. Auf den
beiden äußeren Bildern realistisch dargestellt, lösen sich die Blüten
auf der mittleren Tafel in Schemen, die sich wie Schmetterlinge im
Dunst verlieren.
Ein Selbstporträt, das vor etwa 30 Jahren entstand, schwelgt in
symbolischen Bezügen. Der Maler, jung und vital, hält eine riesige
violette Kugel, aus der fischförmige Wesen sich in die Richtung des
weiblichen Torsos bewegen, der die linke Bildseite füllt. Fröhlich, der
heute in Erkelenz am Niederrhein am Rand des Braunkohlegebietes
Garzweiler als freier Künstler und Kunstpädagoge lebt, studierte an der
Folkwangschule in Essen. Er war Meisterschüler von Professor Sackenheim
und Lehrbeauftragter für Lithografie und Aktzeichnen an der
Kunstakademie Düsseldorf. Seine Arbeiten sind regelmäßig in namhaften
Galerien und Museen zu sehen. In Zusammenarbeit mit bedeutenden Autoren
gestaltete er mehrere Bücher.
Boris Fröhlich im Café Hench, Sandgasse, bis 31. Januar, werktags 7.30
bis 18.30 Uhr, samstags 6.45 bis 17 Uhr (im Advent bis 18 Uhr).
(Gisela von Driesum)
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